Stellungnahme zum Haushaltplan 2022 des Landkreises                                                                                     21. Februar 2022

An erster Stelle danken wir den Mitarbeitern der Verwaltung für die Erstellung des umfangreichen Haushaltsplans und stimmen diesem im Wesentlichen zu. In Hinblick auf die Mehrbelastung durch Tätigkeiten im Rahmen des Infektionsschutzes möchten wir für das Geleistete unsere Anerkennung aussprechen.

Was die Ausgestaltung des Haushaltsplans anbetrifft, ist der Landkreis nur zu einem geringen Anteil autonom und stellt weite Teile der Ansätze aufgrund der Fortschreibung bestehender gesetzlicher Verpflichtungen auf. Unabhängig davon halten wir es für geboten, die dadurch anstehenden Veränderungen in unserer Gesellschaft kritisch zu beurteilen. Die Dinge unkommentiert weiter laufen zu lassen, nur weil wir sie nicht beeinflussen können, wäre eine Verfehlung unseres politischen Auftrags. Insofern sei es uns gestattet, einige Ausgabenzwecke herauszugreifen und nach ihrer Speisung vermittels Kapitals auch deren Auswirkungen von gesellschaftlicher Tragweite zu beleuchten.

„Digitalisierung“ im Verwaltungsbereich wird in den nächsten Jahren ein bleibendes und auch ausgabenerhöhendes Thema im Landkreis bleiben. Die Abhandlung hier wird dabei in erster Linie verwaltungstechnisch erfolgen, auch wenn gesellschaftspolitisch unerwünschte Nebenwirkungen in Rechnung zu stellen wären. Tätigkeiten, die bisher von Hand vollzogen und synchron vom Geist mitverfolgt wurden, werden nun auch im Bereich öffentlicher Verwaltung immer mehr mechanisiert und automatisiert. Repetitive Tätigkeiten werden durch solche der Systemadministration und -migration ersetzt werden. Die freiwerdende Systemoffenheit wird auch dazu führen, neue Ideen und Begehrlichkeiten auf weitere Nutzungsvarianten zu generieren und die Gesamtzahl der Prozesse wachsen lassen. Der Belastung von Mensch und Umwelt sind dagegen natürliche Grenzen gesetzt. Was droht ist der Verlust verwaltungstechnischer Transparenz, Kontrolle und Prozessmengenbegrenzung. Mit der Notwendigkeit des Fremdbezugs der Maschinenleistung steigt das Maß an externen Abhängigkeiten, von Komplexität und Kosten. Bei anstehenden Investitionen sollten diese Aspekte berücksichtigt werden.

Was den Umgang mit purer irdischer Materie anbetrifft, so ist festzustellen, dass der Landkreisverwaltung die Aufgabe übertragen ist, die Haushalte von anfallendem Wohlstandsmüll zu entlasten, einer dunklen Seite des Konsums und des Wirtschaftswachstums. Eine eigene Problematik enthält die Entledigung von Elektro- und Elektronikschrott. Umsatz- und Wachstumsansprüche zeigen nach oben. In periodischer Regelmäßigkeit, ca. alle fünf bis zehn Jahre, ist der Technikbestand auszutauschen. Der Anfall von Schrott spielt offensichtlich weder in quantitativer noch in qualitativer Hinsicht bei den Aufrüstungsplänen in der Wirtschaft und bei politischen Entscheidungsträgern eine wesentliche Rolle. Mit dem Narrativ der „Entsorgung“ wird auf privatwirtschaftlich organisierte Problemlösungen gesetzt. Was tatsächlich stattfindet, ist aber alles andere als Problemlösung. Die Rückstände unserer Wohlstandsgesellschaft gehen nicht in der Biomasse des Bodens auf. Sie bilden nicht den Bestandteil der amorphen Masse von Materie, aus welcher neues Leben entsteht. Die Wirklichkeit ist: Das Meiste des Mülls ist fürs Erste ein Fremdkörper in der irdischen Lebenswelt. Nur zum Teil recycelbar, ist er derzeit nicht Bestandteil der ewigen Wiederkehr des immer Gleichen, dem Prinzip des Lebens.

Sicher ist dieses Phänomen unserer Wirtschaftsprozesse als globales Problem auszuweisen, dessen Lösung auch globaler Anstrengungen und deren Koinzidenz bedarf. Wir als politisch Mitverantwortliche haben ad hoc keinen Einfluss. Die Pflicht, darauf hinzuweisen bleibt sowie die Notwendigkeit, dies zu kommunizieren. Der Landkreis wird sich den aktuellen Prozessen dieser Wirtschaft nicht entziehen können. Für kommende Beschaffungsprojekte und Vertragsschlüsse wäre anzuregen, soweit Spielraum besteht, Aspekte der genannten Art zu berücksichtigen.

Für Schüler und Lehrer stellt die Mechanisierung des Klassenzimmers einen gravierenden Wandel dar, dessen Folgen nur graduell absehbar sind. Durch die Beaufschlagung mit technischen Anlagen wird der Unterricht abhängig gemacht vom Funktionieren komplexer Industrieprodukte. Die Form der Lehre und die Rolle der Lehrkraft wird sich dadurch verändern, wie auch die Belastung und das Lernverhalten von Schülern. So wird das häufige Arbeiten am Bildschirm die Sehfähigkeit von noch in der Entwicklung befindlichen Kindern unter Stress stellen. Für das Wissen, welches sich Schüler bis dato ins Gedächtnis einprägen mussten, besteht nun das Angebot, es in Maschinen auszulagern, aus denen es bei Bedarf abgerufen werden kann. Aus Wissen zu handeln, mutiert so von Eloquenz zur Behäbigkeit. Das Angebot, sich nicht mehr mühevoll gemerktes Wissen aneignen zu müssen, ein damit bisweilen überschaubares und begrenztes Wissen, lässt notwendige Selbstbeschränkung brechen und gibt der Konfusion Raum. Die Dynamik zwischen Wissen und Handeln erstarrt, wenn die Erfahrung des Gedächtnisses nicht mehr in Gedankenschnelle zur Ausbildung willentlichen Handelns abgerufen werden kann. Defizite hinsichtlich der Konzentrationsfähigkeit, sicherer Gedächtnisleistung und Denkfähigkeit sind absehbar. All dies führt zu Abstrichen in der Leichtigkeit des Seins, das aber jeder braucht, um selbstbestimmt leben zu können. Des Weiteren geht die Zeit der Schüler und Lehrer, die für Verwaltungstätigkeiten an den Maschinen aufzubringen ist, von der Lehr- und Lernzeit ab und erhöht den Druck weiter, das leisten zu können, was zu leisten ist. Auch die Veränderungsprozesse in der Bildung sind geprägt von übergeordnetem, teils globalem Gestaltungsdruck mit sehr eingeschränktem Potenzial zur regionalen Autonomie.

Der sich über mehrere Jahre hinziehende Neubau mehrerer Schulgebäude im Landkreis belastet unseren Haushalt erheblich. Um Kosten zu sparen, wird für künftige Planungen vorgeschlagen, der Erhaltung des Gebäudebestands erhöhte Aufmerksamkeit zu schenken. An höhere Ebenen sollte die Forderung gerichtet werden, bei der Erstellung von Vorgaben zur Installation aufwendiger Haustechnik mehr Zurückhaltung zu üben. Auch unter dem Ziel, das Entstehen von Bauschutt zu minimieren, ist Zurückhaltung geboten. Dem Bestandsschutz des Gebäudes ist dabei Vorrang einzuräumen vor der Absicht, bestimmte neue Gebäudetechnik zu realisieren. Der Technisierungsdruck dient meist bildungsfernen Interessen, und treibt die Investitions- sowie Wartungs- und Instandhaltungskosten in die Höhe.

Auch die Ausgaben für Soziale Sicherung haben großen Anteil am Haushalt, der im Wesentlichen durch die Sozialgesetzgebung vorbestimmt ist. Bezogen auf die soziale Sicherung und Betreuung von Zuwanderern und deren Anzahl besteht so gut wie kein Mitspracherecht des Landkreises, obgleich viele ungeklärte Fragen hinsichtlich der Legitimität der Aufnahme und der Sinnhaftigkeit der Ressourcenverwendung bestehen. Mit der Eingliederung von Bürgern aus anderen Staaten sind erhebliche Veränderungen in der Struktur der Gesellschaft verbunden, deren Auswirkungen nur unzureichend berücksichtigt werden. Es besteht nicht nur ein Mangel gesamtgesellschaftlicher Betrachtung, auch jenseits der Staatsgrenzen, es sollte genauso die Forderung nach mehr kommunaler Selbstverwaltung zur Sprache gebracht werden, die als Prinzip nach wie vor Bestand haben soll.

Mit der permanent betriebenen Novellierung des Infektionsschutzgesetzes anlässlich des Auftretens des Covid-19-Virus in all seinen Mutationen sind dem Landkreis und seiner Bevölkerung erhebliche Belastungen zugemutet worden. Nach den gesammelten Erfahrungen der letzten zwei Jahre wäre es sinnvoll gewesen, auf weniger patriarchalisches Vorgehen unserer Regierungen und stattdessen auf die Eigenverantwortung des Einzelnen, von Betrieben und sozialen Einrichtungen zu setzen.